Begriffsdefinition/Zusammenhänge

Das lateinische Wort „ratio“ bedeutet „Vernunft, Verstand“.
Ein Rationalist legt seiner philosophischen Welterklärung vor allem die vernünftige Schlussfolgerung zugrunde.
Als Rationalität wird eine Geisteshaltung bezeichnet, die das rationale Denken, also das von der Vernunft bestimmte Denken, als einzige Erkenntnisquelle ansieht.
Rationalität bedeutet, dass man Aussagen anhand ihres Inhaltes beurteilt und nicht aufgrund der Autorität oder Institution, die diese gemacht hat. Auch erfolgt die Beurteilung weder danach, wie viele Menschen diese Aussage teilen, noch aufgrund der Tatsache, dass die Aussage einem Gott zugeschrieben wird. Rationalität beinhaltet auch die Fähigkeit, selbst sogenannte „gottgegebene Argumente“ als falsch entlarven zu können. Verknüpft mit der griechischen Tradition der logischen Debatte, wird das rationalistische Prinzip in zahlreichen Zusammenhängen angewendet und bildet auch den Kern wissenschaftlichen Arbeitens. Im Zeitalter der Aufklärung wurde die Vernunft von Descartes und anderen Philosophen und Wissenschaftlern auf immer mehr Lebensbereiche angewendet, wodurch Aberglaube entlarvt und eine wissenschaftliche Revolution entfacht wurde. Gleichzeitig war dies auch die Basis, um die „gottgegebene“ Herrschaft der Könige zu hinterfragen und durch ein rational nachvollziehbares Regierungsmodell zu ersetzen. Grundsätzlich ermöglicht wurde dies durch die Hinwendung zum Menschen und seiner Entwicklungsfähigkeit im Renaissance-Humanismus.
Quellen:
Kant, Immanuel: Werke VI. Berlin: Weichert 1904, S. 53.
Schupp, Franz: Geschichte der Philosophie im Überblick. Neuzeit. Hamburg: Meiner 2003, S. 113.
Bacon, Francis: Neues Organon. Hamburg: Meiner 1990, S. 211.
dtv-Atlas Weltgeschichte. München: Deutscher Taschenbuchverlag 2006, S.256/257.
Roth, Klaus: Genealogie des Staates. Berlin: Duncker/ Humblot 2003, S. 736.
Geschichtlicher Hintergrund
Die Selbstständigkeit der Vernunft wurde im Laufe des 17. Jahrhunderts langsam erarbeitet. Der Prozess der Auseinandersetzung zwischen „Vernunft“ und „Offenbarung“ war zwar abgeschlossen, aber noch nicht gesichert.
Die Verurteilung Galileis (1564–1642) durch Vertreter der katholischen Kirche und die Tatsache, dass es ihm unmöglich gemacht wurde, innerhalb des katholischen Einflussbereiches zu publizieren, dient an dieser Stelle als eindringliches Beispiel.
Der zentrale Vertreter des Rationalismus, René Descartes (1596–1650), führte die Idee der Tabula rasa von Francis Bacon fort, indem er einen Wissenschaftsbegriff entwickelte, der jede vergangene Wahrheit in Frage stellen oder auch einfach als „falsch“ ansehen kann. Er stellte Methoden philosophischen Denkens dar, die auf den Einsatz des klaren Verstandes, der Vernunft, des schrittweisen Vorgehens bei der Wahrheitsfindung und genauer Überprüfung der Ergebnisse bestand. Dies war eine völlige Neuheit. War in früheren Zeiten die Suche nach Wahrheit vor allem Teil der Offenbarungstheologie, die von den Vertretern kirchlicher Institutionen definiert wurde, wendete sie sich nun davon ab und der dem Menschen innewohnenden Vernunft zu. Dies darf auf dem Gebiet der Philosophie bereits als Säkularisierung bezeichnet werden, welche die Säkularisierung als Trennung von Kirche und Staat vorwegnahm und wissenschaftliches Arbeiten im modernen Sinn erst ermöglichte.
Quellen:
Schupp, Franz: Geschichte der Philosophie im Überblick. Neuzeit. Hamburg: Meiner 2003, S. 290.
Schupp, Franz: Geschichte der Philosophie im Überblick. Neuzeit. Hamburg: Meiner 2003, S. 290.
Schupp, Franz: Geschichte der Philosophie im Überblick. Neuzeit. Hamburg: Meiner 2003, S. 292.
Schupp, Franz: Geschichte der Philosophie im Überblick. Neuzeit. Hamburg: Meiner 2003, S. 302.
Roth, Klaus: Genealogie des Staates. Berlin: Duncker/ Humblot 2003, S. 710.
Aufklärer: Mutige Vordenker
Auf Vernunft basierende Bildung schafft die Grundlage für gesellschaftliche Veränderung.
Durch ihren Mut zur Vernunft und neuen Ideen und durch ihren großen Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse legten die Philosophen der Aufklärung den Grundstein dafür, das Primat der Rationalität im Kontext der Politik, der Wissenschaft und der Philosophie durchzusetzen.
Die Ideen zur Trennung von Staat und Religion, zu Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und den Menschenrechten wurden von den Rationalisten, Empiristen und Philosophen der Aufklärung, wie etwa John Locke, Charles de Montesquieu, Voltaire und Jean-Jacques Rousseau, zu einer Zeit entwickelt, als Könige absolut herrschten und weltliche und kirchliche Macht eng miteinander verwoben waren. Diese Ideen sind heute in Europa umgesetzt und die Basis der Freiheit. Aus diesem Grund lohnt es sich, sich dessen bewusst zu sein und dafür auch einzustehen, will man die Freiheit erhalten.
Quellen:
Maugras, Gaston: Philosophenzwist. Voltaire und Rousseau. Wien: Frick 1895, S. 159.
Oestreich, Gerhard: Die Idee der Menschenrechte. Berlin: Verlag Otto Hess 1963, S. 64.
Vorländer, Hans: Demokratie. München: Beck 2003, S. 38.
Roth, Klaus: Genealogie des Staates. Berlin: Duncker/ Humblot 2003, S. 686.