Begriffsdefinition/Zusammenhänge

Das lateinische Wort „humanus“ bedeutet „menschlich, menschenfreundlich, gebildet, kultiviert“.
Das lateinische Wort „humanitas“ bedeutet „Menschlichkeit“.
Unser heutiges humanistisches Denken wird neu eingeleitet
durch die Zeit des „Humanismus“. Der Humanismus bezeichnet
ein Denken und Handeln, das auf dem Bildungsideal der griechischen
und römischen Antike gründet. Dieses zeichnet sich durch
das Bewusstsein um die Würde des Menschen aus.
In der Zeit der Renaissance (ca. 1400–1600) wurde diese
Geistesströmung neu entdeckt und wiederbelebt.
Der Entwicklungsbeginn der heutigen Europäischen Werte ist
die Abkehr vom theozentrischen Weltbild (Gott steht im Mittelpunkt)
des Mittelalters. Es kommt zu einer Hinwendung zum
anthropozentrischen Weltbild der Neuzeit. „Anthropos“
kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Mensch“. In
diesem Weltbild steht also der Mensch im Zentrum.
Das Wohlergehen des einzelnen Menschen wird immer mehr
zum Mittelpunkt des Denkens und Handelns.
Quellen:
Schupp, Franz: Geschichte der Philosophie im Überblick. Neuzeit. Hamburg: Meiner 2003, S. 9.
dtv-Atlas Weltgeschichte. München: Deutscher Taschenbuchverlag 2006, S. 212.
Schupp, Franz: Geschichte der Philosophie im Überblick. Neuzeit. Hamburg: Meiner 2003, S. 5.
Geschichtlicher Hintergrund
Humanistisches Denken hat seinen Ursprung in der griechischen und römischen Antike, wurde im Spätmittelalter wiederentdeckt und lebte in Europa zur Zeit der Renaissance erneut auf. Grundsätzlich meint Humanismus zum einen eine Rückbesinnung auf die klassischen Autoren, ihre Rhetorik, ihr Weltbild und Denken sowie ihre Philosophie.
Zum anderen liegt der Fokus auf den Entfaltungsmöglichkeiten des Individuums innerhalb dieser Welt, als Kreatur, die einerseits schön sein, andererseits selbst Schönes erschaffen und sich durch Bildung weiterentwickeln kann, wodurch sich der (Renaissance-)Humanismus scharf vom theozentrischen Weltbild des europäischen Mittelalters abgrenzt.
Der Renaissance-Humanismus definiert sich vor allem durch eine Ablehnung des Mittelalters und seiner Philosophien und eine Hinwendung zu den Wurzeln, den antiken Texten. Darüber hinaus wird mit dem Begriff des Humanismus in der Renaissance vor allem die Individualisierung der Menschen verbunden. Man grenzte sich vom undurchlässigen Gesellschaftssystem des Mittelalters ab, in dem jeder Mensch seinen gottgegebenen Platz zeit seines Lebens innehatte und sein Heil in der Erlösung nach dem Tode suchte, und wendete sich hin zu den Entfaltungsmöglichkeiten des/der Einzelnen in dieser Welt. Kurz: Es war eine Entwicklung vom theozentrischen Weltbild des Mittelalters hin zum anthropozentrischen Weltbild der Neuzeit, die in der Renaissance ihren Anfang nahm.
Ab Mitte des 15. Jahrhunderts, als der Zugang zu antiken Schriften in Europa im Zuge der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen und der Flucht vieler Gelehrter nach Italien, die teilweise ganze Bibliotheken mit sich brachten, erheblich erleichtert wurde, breitete sich der Humanismus von Italien ausgehend über weite Teile des Kontinents aus. Zentren dieser Entwicklung waren vor allem die noch relativ neuen Universitäten und die freien italienischen Stadtstaaten. Hier sei vor allem Florenz genannt, das sich ganz im Sinne des Wortes Renaissance als neues Athen sah und wo Mitte des 15. Jahrhunderts die Idee der Platonischen Akademie wiederbelebt wurde. Das humanistische Denken unterschied sich grundlegend vom Weltbild des Mittelalters, in dem der/die Einzelne zeit seines Lebens einen festen Platz innerhalb einer undurchlässigen Hierarchie innehatte und der Fokus auf einer Erlösung von den irdischen Leiden im Jenseits lag. Der Klerus verfügte über ein Bildungsmonopol und ihm war im Sinne seiner Verstrickung in weltliche Machtbereiche daran gelegen, dieses auch zu behalten. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung lebte währenddessen völlig ungebildet und weitgehend rechtlos innerhalb eines Systems, das ihr keine Möglichkeit gab, sich vom angeborenen Stand zu emanzipieren. Dieses Ständesystem aus sehr wenigen Mächtigen, die sich aus Adel und Klerus rekrutierten, und einer verarmten, ungebildeten Masse wurde durch die Auslegung der heiligen Schrift seitens der Offenbarungstheologie (Stichwort: Augustinus) gestützt und definiert. Gegen diese vorzugehen war unmöglich, da Wissenschaftlichkeit auf Basis von rationalen Schlüssen noch nicht (wieder) entwickelt war.
Errungenschaften:
„Der Mensch ist das Maß aller Dinge.“
Durch den Humanismus wurde der Mensch zum „Maß aller Dinge“ (Protagoras) erklärt, der sich in der Folge mit Hilfe von Wissenschaft und Technik zum Herrscher über die Natur aufschwang.
Durch Kopernikus und seinen Beweis des heliozentrischen Weltbildes (dass die Erde sich um die Sonne dreht und nicht umgekehrt) rückten die Erde und die Menschheit aus dem Zentrum des Universums, wodurch eine Hinwendung zur Kraft des menschlichen Denkens bewirkt und der Mensch auf diese Weise wieder in den Mittelpunkt gestellt wurde. Gott war später im Rationalismus und in der Aufklärung nicht mehr der Herrscher und Lenker der Welt, sondern ein abstraktes Grundprinzip; die Erforschung der Welt und die Entwicklung politischer und gesellschaftlicher Systeme nahm der Mensch mehr und mehr selbst in die Hand. Darüber hinaus bewirkte der Beweis des heliozentrischen Weltbildes durch Kopernikus auch, dass die Menschen an der Unfehlbarkeit der Kirche zu zweifeln begannen, wodurch der Drang, die Dinge kraft des eigenen Verstandes zu erklären, verstärkt wurde.
Quellen:
Oestreich, Gerhard: Geschichte der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Umriss. Berlin: Duncker/ Humblot 1968, S. 42.
Oestreich, Gerhard: Geschichte der Menschenrechte und Grundfreiheiten im Umriss. Berlin: Duncker/ Humblot 1968, S. 32.
Schupp, Franz: Geschichte der Philosophie im Überblick. Antike. Hamburg: Meiner 2003, S. 32.
Schupp, Franz: Geschichte der Philosophie im Überblick. Antike. Hamburg: Meiner 2003, S. 33.
Humanisten: Heldinnen und Helden der Freiheit
Die Humanisten standen für die Möglichkeit der Entwicklung des Menschen hin zum Schönen und Guten durch Bildung.Sie drückten demnach eine deutliche Abkehr von der mittelalterlichen Philosophie aus, in der jeder Gedanke mit den Lehren der christlichen Kirche im Einklang stehen musste (etwa der Scholastik).
Sie rückten die Würde des Menschen in den Mittelpunkt des Daseins. Dies fand in Philosophie, Literatur, Kunst, aber auch der Hinwendung zur auf Rationalität begründeten Wissenschaft seinen Ausdruck. Gleichzeitig ersetzten weltliche Universitäten zunehmend das Bildungsmonopol christlicher Schulen. All jene, die diese neue Strömung mit Worten und Taten unterstützten, wurden vielfach von der Kirche verfolgt, unter Folter zum Widerruf ihrer Werke gezwungen, ihre Leben wurden bedroht und ihre Bücher verbrannt. Schutz fanden sie bei einzelnen Mächtigen, etwa den Medici in Florenz, welche die humanistische Strömung unterstützten. Beispiele für Renaissance-Humanisten sind etwa Leonardo da Vinci, Pico della Mirandola, Pietro Pomponazzi, Erasmus von Rotterdam, Galileo Galilei oder Nikolaus Kopernikus.
Quellen:
dtv-Atlas Weltgeschichte. München: Deutscher Taschenbuchverlag 2006, S. 238.
dtv-Atlas Weltgeschichte. München: Deutscher Taschenbuchverlag 2006, S. 238.
Der große Ploetz. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 2008, S. 182.
Schupp, Franz: Geschichte der Philosophie im Überblick. Neuzeit. Hamburg: Meiner 2003, S. 12.
Machiavelli, Niccolò: Der Fürst und kleinere Schriften. Berlin: Verlag von Reimar Hobbing 1923, S. 95.
Morus, Thomas: Utopia. New Haven: Yale University Press 1966, S. 111.
Morus, Thomas: Utopia. New Haven: Yale University Press 1966, S. 36.
Vorländer, Hans: Demokratie. München: Beck 2003, S. 7.
Herausforderungen heute
Die Entwicklung verläuft momentan klar in Richtung Mythos.
Das bedeutet: Wir vertrauen auf Autoritäten, damit diese unsere Probleme lösen.
Wir glauben an eine positive Schicksalsmacht und hoffen auf rettende Taten von anderen.
Was spricht für einen wachsenden Mythos in unserem Denken?
- Je schlechter es jemandem wirtschaftlich geht, desto mehr möchte er oder sie „errettet“ werden. Starke, politische „Führer“ oder ein religiöser „Retter“ versprechen, alle Probleme zu lösen. Ein wachsender Mythos im Denken ist gleichzusetzten mit dem Suchen eines einfachen Auswegs, um der Selbstverantwortung zu entfliehen.
- Politik basiert auf Gehorsam und Glauben an Autoritäten. Je mehr die Wählerin und der Wähler ihr/sein Schicksal von den Politikerinnen und Politikern bestimmen lassen, je weniger die Wählerin und der Wähler regulativ eingreifen, desto lieber ist es den Politikerinnen und Politikern. Denn dadurch können diese ohne Kontrolle nach eigenem Ermessen handeln.
Was hat sich in der Gesellschaft verändert?
Erste Stufe: Humanistisches Denken – Emanzipation gegenüber den Autoritäten führt zu Selbstverantwortung.
Heiligenschein und Unberührbarkeit des Systems fallen weg.
Sicherheitsmechanismus: Solange die Menschen selbstverantwortlich gegenüber den Autoritäten handeln, werden unsere freien humanistischen Gesellschaften erhalten bleiben.